Für mich der beste Kommentar zum Thema! Danke FAS! |
Nachdem ich nun – wie alle anderen Medienkonsumenten auch – seit
gefühlten drei Monaten auf jedem Kanal mit der Sexismus-Debatte
konfrontiert werde, muß ich am Ende doch noch ein wenig Düsseldorfer Senf dazugeben.
Vorab: Eine Sexismus-Debatte ist wichtig.
Bei “wahrem” Sexismus.
Und wir sollten alle im Alltag sofort eingreifen, wo es notwendig ist.
Nicht nur bei uns selbst, sondern auch, wenn wir Zeuge einer solchen
Situation werden.
Dann haben wir einen klaren Kopf und können die entsprechende Person
schärfer zurechtweisen.
Den Aufhänger der aktuellen Diskussion finde ich aber – mit Verlaub –
ein wenig albern.
Wenn Seximus in diesem Diskurs als diskriminierende und herabwürdigende
Behandlung von Frauen bewertet wird, frage ich mich, was an der Aussage von Herrn Brüderle so herabwürdigend war.
Er hat ihr ja nicht gesagt, daß sie KEIN Holz vor der Hüttn hätte.
Oder, daß sie als Frau nur beruflich inkompetent sein kann.
Es war ein aufdringliches Kompliment an falscher Stelle.
Wie ältere Herren eben oft mangelndes Vermögen durch verbale Ausfälle
kompensieren.
Wer weiß, ob wir Mädels mit 90 nicht auch unserem jungen Zivi ein “lecker Figürschen” hinterherrufen..
Aus dem Munde einer gleichaltrigen Sahneschnitte (gibt es die unter
Politikern?), hätte die Entgleisung vermutlich anders auf Frau
Himmelreich gewirkt.
Für mich beginnt Sexismus da, wo jemand eine Faust in der Tasche
machen muß, weil er nicht ohne herbe Konsequenzen reagieren darf oder
kann.
Ein Chef, der seine Angestellte als minderwertig darstellt, weil sie eine Frau ist.
Ein Professor, der seiner Examenskandidatin verbal auf die Pelle rückt.
Ein Hotelgast, der einem Zimmermädchen Despektierliches ins Ohr
flüstert.
Es hat für mich etwas mit einem Machtgefälle zu tun.
Nun sitzt da ein alternder Mann von verhaltener
Attraktivität, belastet durch einen Nachnamen im Diminutiv neben einer jungen,
intelligenten, hübschen Frau an der Bar und ergeht sich nach
Alkoholkonsum in verunglückten Flirtversuchen.
Wer ist hier überlegen?
Er demontiert sich.
Eigentlich die optimale Gelegenheit für eine Journalistin, ihm in seinem anerotisierten Wahn
Interna zu entlocken, die
männlichen Kollegen versagt bleiben würden.
Denn warum saß sie dort?
Doch nur, um in entspanntem Rahmen einem zu
Potraitierenden näher zu kommen – im nichtsexuellen Sinn natürlich.
Nicht zum Privatvergnügen, sondern aus beruflichem Kalkül.
Embedded.
Da kann man doch mal den ein oder anderen Spruch an sich abgleiten
lassen wie Teflon.
Oder man kontert sofort.
Und nicht erst nach einem Jahr – schriftlich.
Genug Angriffsfläche bietet Herr Brüderle doch.
Eine Grundfrage für mich bei dem Thema:
Herabwürdigen kann man doch nur jemanden, der sich herabwürdigen läßt.
Und was, wenn sich bald gar kein Mann mehr traut, einen Spruch loszulassen?
Wollen wir – wegen einiger verbaler Tiefschläge – auf das ganze Spiel
zwischen Mann und Frau verzichten?
In Schweden erlebe ich immer wieder, wohin das führt.
Da wachsen Mädchen und Jungen derart gleichberechtigt miteinander auf, daß alles, was zwischen Mann und Frau
verbal durch die Luft fliegen kann, ausgelöscht scheint.
Ich versuchte, mit schwedischen Männern zu flirten.
Die sind nämlich ziemlich hübsch.
Und aktivieren mein Flirt-Tourette.
Steht etwas Appetitliches in meiner
Nähe, schießt gerne mal ein Spruch heraus, ohne vorher den
Anstandscheck zu passieren.
Mein Fazit: man kann mit schwedischen Männern Diverses veranstalten.
Aber Flirten im klassischen Sinn? Verbales Spielen?
Habe ich in zwanzig Jahren nicht erlebt.
Homöopathisch anrüchige Scherze lösen beklemmendes Schweigen aus.
Bei Männern wie Frauen.
Vieles, das in Deutschland unter Spaß firmiert, gilt als political incorrect.
Das macht man nicht.
Alle sind gleich.
Komplimente reduzieren eine Frau auf ihr Äußeres.
Männer wissen nicht mehr, was sie tun sollen oder dürfen.
Also verzichten sie offenbar auf jegliche Aktivität.
Und Mädels, denken wir nicht oft auch auf Optik reduzierend?
Wer will denn bitte mit Bradley Cooper R-E-D-E-N?
Würde Manuel Neuer jemals in meinen Blog schauen, könnte er auch
aufschreien.
Weil ich ihn hier auf seine entzückende Oberlippe und breiten Schultern reduziere.
Vielleicht kommt das ja noch.
Ist schließlich erst 2,5 Jahre her.
Wir wissen ja jetzt, wie das ist mit so einer Spätreaktion auf
despektierliche Bemerkungen.