Männer haben’s echt nicht leicht mit mir. (Na, wer hätte das geahnt.)
Eigentlich hätten sie es aber in manchen Bereichen leichter, als sie denken.
Das wissen sie nur nicht.
Zumindest nicht, wenn sie neu sind.
Und danach glauben sie es nicht.
Weil sie es anders gelernt haben.
Wovon gerade die Rede ist?
Von Romantik.
Oder dem, was man handelsbüblich darunter versteht.
Rote Rosen, Prosecco, Kerzenlicht und Schaumbad.
Wenn es etwas gibt, das mir Tränen in die Augen treibt, dann sind es rote Rosen, Prosecco, Kerzenlicht und Schaumbad. Tränen der Verzweiflung. Die führen garantiert nicht dahin, wo der Herr mich mit der apokalyptischen Sammlung hat haben wollen.
Entweder, ich will von einem Mann Sex. Dann will ich ihn direkt. Und nicht noch 25 Gänge in mich hinein futtern, 6kg Rosenblätter vom Boden aufklauben und Angst, haben, daß die Bude abbrennt, weil Kerzen in Armlänge herumflimmern und meine Migräne triggern. Was dem Ziel des Abends nicht förderlich ist.
Oder ich will von einem Mann keinen Sex. Dann will ich ihn nie. Da könnte er fünf Monate mit der Ukulele unter meinem Fenster singen.
Daß Frauen so simpel strukturiert sein können, ist aber im System nicht vorgesehen. Also haben Männer gelernt, daß sie erst mal ein Ründchen romantisch sein müssen. Das hat in meinem Leben schon zu einigem betretenen Schweigen geführt.
Mein Gesicht kann nämlich nicht lügen. Selbst, wenn ich den Mund halte – was bisweilen vorkommt – kann man auf meiner Stirn 1:1 lesen, was in mir vorgeht.
Da steht dann von 27 Ausrufezeichen garniert so etwas wie:
WIE lange kennen wir uns?! Na? WIE lange! Sehe ich im Ernst aus wie eine Frau, die rote Rosen schön finden K-Ö-N-N-T-E??!
Nun zählt ja der gute Wille.
Als sparsame Person schmerzt es mich aber in tiefster Seele, wenn ich überschlage, was das rote Rosengebinde gekostet hat. Für nix und wieder nix. Um in einem Eck, wo ich mich am wenigstens in meinem Designempfinden davon belästigt fühle, einen langsamen Tod zu sterben. Rote Rosen kann ich schließlich schlecht weiterverschenken. Die sagen ja was.
Nun habe ich mich mal hingesetzt und still vor mich hin überlegt, ob ich überhaupt etwas romantisch finde. Und wenn ja, was. Das hat ein wenig gedauert. Aber: mir fiel dann doch das ein oder andere ein.
In meinem 18. Lebensjahr. Die Pont Neuf bohrte sich in mein Rückgrat, doch ich merkte es nicht, denn ein Franssssosse und richtiger Mann knutschte mich über Stunden ins Koma. Der richtige Mann dürfte damals so Ende 20 gewesen sein. Ein Offizier und nicht ganz Gentleman. Drei Mal trafen wir uns in Paris. Dazwischen schrieb er sehnsüchtig erwartete Briefe. Also so echte auf Papier. Das muß man ja heutzutage dazu sagen. Das war irgendwie romantüsch.
Zehn Jahre später. Ich hatte gerade den Hirntumor überlebt und kämpfte ein Jahr lang an allen Physiotherapiefronten um Wiederherstellung meiner Funktionen, lernte ich jemanden für gewisse Stunden kennen. Für mehr als gewisse Stunden fehlte mir damals der Kopf. Ein Jahr lief das lässig nebenher. Ich wußte nicht mal, daß er meinen Geburtstag kannte, da schellte es an der Tür. Dort stand der Schnuckel und legte mir eine lange Gänseblümchenkette um den Hals.
Ich liebe Gänseblümchen. Das Bild, wie er stundenlang auf der Wiese saß und mit dem Daumen winzige Stile einritzte, um das nächste Gänseblümchen einzuhaken, fand ich romantisch. Die Kette habe ich heute noch in meiner “Best of Men”-Kiste.
Auf der Techno Classica kaufte ich in den 90ern einen teuren Modellauto-Bausatz von meinen Volvo Amazon. Bist Du Dir sicher, Schatz, daß Du für so was die Geduld hast?, fragte mein damaliger LAM*. Klar, trompetete ich.
Am Ende bekam ich einen mittelschweren Anfall, als die winzigen Teile an meinen Fingern klebten und nicht am metallenen Chassis. Stundenlang friemelte der LAM daraufhin mit seinen Männerfingern mein kleines Auto fertig. Das fand ich auch irgendwie romantisch. Der kleine Volvo steht noch heute in der Pole Position meines Regals.
Vielleicht mag ich einfach nicht die abgedroschene Symbolik der handelsüblichen Romantik. So nach dem Motto: Puppe, nun hab ich hier 27,30€ in Rotwein investiert, mir die Finger an Rosenblättern fusselig gezupft und mit der Klampfe meine Kniescheiben zertrümmert, jetzt reagier gefälligst.
Spontane Katastrophensituationen sind irgendwie romantischer. Auf der Autobahn im Oldtimer liegenbleiben und bei prasselndem Sommergewitter kuscheln bis der Abschleppdienst auftaucht. Das verregnete Mittsommerfest am schwedischen Siljansee, bei dem mein damaliger LAM mit Leidensmiene knietief im Matsch stand und ich mich vor Lachen über unser Pech auf dem Boden kringelte.
Es gab also auch in meinem Leben hier und da Momente, die ich romantisch fand. Überproportional waren dabei Oldtimerersatzteile, Regen und Gänseblümchen beteiligt.
Notwendig sind die aber nicht. Und mit roten Rosen schon gar nicht.
*Lebensabschnittsmann