Mein neuer Polo oder von den Schwierigkeiten, mein Geld loszuwerden

Nach der täglichen Lektüre von zwei Millionen Gebrauchtwagenanzeigen finde ich meinen Polo. Er hat alles, was ich möchte. Das ist mehr, als ich von einem Mann erwarten würde. Aber gut: für den hier zahle ich ja auch.

Hysterisch wie ein Teenager vor dem ersten Kuß quassele ich einen Bekannten voll, mit mir in die Pampa um Düsseldorf zu fahren und vereinbare bei der Filiale des VW-Händlers einen Besichtigungstermin. Wenn der Wagen nichts Gravierendes am Hacken hat, nehme ich ihn.

Auto!
Dideldi!
Dideldei!
Es ist Dienstag.
Noch zweimal schlafen, dann hat das Ans-Haus-Gekettet-Sein womöglich schon ein Ende. Ich werde Ecken von Düsseldorf entdecken, die ich in zehn Jahren nicht gesehen habe. Weil sie nicht auf der Linie der 712 liegen. Das wird ein Leben!

Donnerstag morgen – ich hab kaum geschlafen vor Vorfreude – schellt das Telefon.
Auf nüchternen Magen Telefonieren gehört nicht zu meinen Top 5.
Auf nüchternen Magen zu erfahren, daß “mein” Polo gerade versehentlich verkauft wurde, erst recht nicht.

Wie kann man versehentlich ein Auto verkaufen?!
Ich erwerbe doch auch nicht versehentlich ein Schloß oder morde. Versehentlich.
Vielleicht schon. Jetzt.

Ich lerne: Verkäufer können im System Fahrzeuge immer nur 24 reservieren.
Heißt, sie müßten morgens daran denken, erneut für 24h zu reservieren.
Man könnte da eine gewisse intrinsische Motivation voraussetzen, wenn man von Provisionen lebt.

Scheint diesmal wohl in Vergessenheit geraten zu sein.
Ist ja auch nicht so wichtig.
Ist ja nur ein pupsiger Polo für eine Schwerbehinderte.
Vielleicht sollte ich mich nächstes Mal als Flotteneinkäuferin ausgeben.

Ich bin frustriert. Ja, ich vergieße auch ein Tränchen.
Das letzte Mal, als ich ein Tränchen vergoß, hatte ich wenigstens vorher noch grande amore. Jetzt habe ich Träume von naher Freiheit, die vor meinem geistigen Auge zerplatzen, eine Straßenbahn, die ständig ausfällt und eine Bude, die ich energiebedingt immer nur exakt auf der Linie meiner Straßenbahn verlassen kann.

Nun heißt es: W-A-R-T-E-N.
Und W-A-H-H-H-A-R-T-E-N.
Bis wieder ein Automatik-Polo in der Nähe auftaucht, der den – zumindest aus meiner Sicht – absolut nicht mehr weiter zu reduzierenden Frau-E-Minimalkriterien entspricht.

Die Zeit vergeht.
Erwähnte ich, daß ich zu einer gewissen Ungeduld neige?
So einer kleinen pathologischen Ungeduld?

Pro Tag lese ich die immer gleichen Anzeigen. Ich könnte ja was übersehen haben.
Der Polo im tiefsten bayerischen Wald könnte nähergerückt sein.
Der überteuerte Polo in der Nähe könnte billiger geworden sein.
Und vielleicht ist eine hellbeige Innenausstattung doch zu ertragen. Fielen wenigstens meine Reiswaffelkrümel nicht so drauf auf.

Ich modifiziere die Suchkriterien.
Locker 25x.
Frage mich, wann mir mobile.de eine Mail sendet: “Sehr geehrte Frau E., aufgrund Ihres unsteten Sucherhaltens sind Sie ab sofort vom E-Mail-Dienst ausgeschlossen. Bitte begeben Sie sich in die Hände eines Autopsychiaters.”

Nächstes Mal schlage ich schneller zu.
Und nächstes Mal kommt.
Ganz bald. Hier.