Eine Text-Lücke im Blog?
Was hat das zu bedeuten?
Frau E. ist wieder nach Deutschland zurückgekehrt.
Genauer gesagt, Frau E.s Körper weilt wieder in Düsseldorf.
Der Rest ist irgendwo.
Nicht in Stockholm, nicht in Düsseldorf.
Und damit ich mich auch gleich richtig freue, wieder hier zu sein, hatte
die Stadt alles unternommen, mich mit Migräne-Wetter zu begrüßen.
Abflug in Stockholm bei wunderbaren 14 Grad,
Ankunft in Düsseldorf bei
28 Grad.
Gut, inzwischen ist es hier auch schön kalt geworden.
Mein Körper dankt das Hin und Her: er liegt hier mit einer Erkältung im Bett, bei
der jeder Mann die letzte Ölung ordern würde.
Genauso habe ich mir die ersten Wochen in meiner sogenannten Heimat
vorgestellt.
Aber was ist eigentlich Heimat?
In Stockholm fühle ich mich zuhause.
Ich kenne fast jede Straße, jeden Winkel, die schönsten Plätze in jedem Licht.
Aber bin ich dort auch daheim?
Wir haben inzwischen 20-jähriges, Stockholm und ich.
Im Juli 1992 war ich zum ersten Mal dort.
Es war Liebe auf den ersten Blick.
Und sie hat gehalten.
Bis heute.
Wir hatten Höhen und Tiefen, ich habe sie einige Jahre verschmäht.
Es gab Wichtigeres, andere Orte, die entdeckt werden wollten.
Aber am Ende kehre ich immer wieder zurück zur Beauty on the water.
Menschen, die mir ans Herz gewachsen sind, lasse ich dort zurück und
Ort, die ich brauche, um glücklich zu sein.
Frische Luft, die ich brauche, um gesund zu sein und Natur, die ich
brauche, um mich zu zentrieren.
Eine Sprache, die ich brauche, aus Freude an ihren süßen Tönen und neue Eindrücke, die ich brauche, um lebendig zu bleiben.
Aber ich brauche auch die soziale Interaktion der Deutschen, die kleinen Worte hier
und da, an der Kasse, im Fahrstuhl, die Nachbarn im Treppenhaus,
Bekannte an der Haltestelle, das Lächeln, wenn man sich ausweicht in
Supermarktgängen, die Entschuldigung beim Anrempeln.
Deutsche Wärme.
Hier kann ich befreit in der Straßenbahn lachen, im Café, auf der
Straße, ohne kritische Blicke.
Hier kann ich Menschen grüßen, einfach so, ohne in fassungslose
Gesichter zu schauen, die in der nächsten halben Stunde darüber
nachdenken, ob man vielleicht gemeinsam zur Schule gegangen ist.
Ich verstehe, warum sie sich zusammenrotten hier, die Südländer, die an
unserer deutschen Wand zerschellen.
Warum sie in neonbeschienenen Räumen sitzen und sich Geschichten
erzählen aus ihrer Heimat.
Und über uns herziehen, die wir so humorlos sind, so temperamentlos, so
alles los.
Das Negative im Nord-Süd-Gefälle erleben wir Deutschen selten.
Weil wir meist Richtung Süden reisen, wo man offener ist, als wir und
freundlicher.
Und ein Mehr immer schöner ist, als ein weniger.
In Düsseldorf fühle ich mich
daheim, geborgen in rheinländischer Mentalität.
Aber was ist das für
ein Zuhause, in dem man so viele Schmerzen erleiden muß?
Wenn ein Körper permanent rebelliert gegen stickige Luft, Schwüle,
Wetterwechsel und fehlenden Sauerstoff, gegen Lärm und Elektrosmog.
Wenn Heimat vor allem in der eigenen Wohnung stattfindet.
Natürlich sind auch Schweden freundlich!
Die wenigsten Vermieter von Ferienwohnungen werden ihre Gäste mit
stoischem Schweigen begrüßen.
Und ich kenne viele sehr liebevolle, warme Schweden.
Selbst meine Vermieterin hat mich am Ende gedrückt.
Vermutlich ist es das Leben in der Stockholmer City, die Enge der
vielen kleinen Wohnungen, welche die höflich auf Distanz bedachten
Schweden dazu nötig, sich weiträumig zum umkreisen.
So weiträumig, daß die wenigsten Ausländer dort eine Herzens-Heimat finden.
“Danke, daß ich Deine deutsche Lebendigkeit genießen durfte”, seufzte
eine deutsche Physiotherapeutin, die seit vielen Jahren in Stockholm
lebt, und fiel mir nach der Behandlung in die Arme.
Wir hatten uns in dem Moment erst kennengelernt.
Das gab mir zu denken.
Hatte ich doch so manches Mal bereits überlegt, die Schlüssel zu meiner
Düsseldorfer Wohnung sang- und klanglos in den Mälarsee fallen zu
lassen.
Später saß ich in der S-Bahn, spiegelglatte Seen flogen vorbei, grüne
Wälder, Schäfchenwolken, überlegte, ob mir kristallklare Luft, Natur,
das große Mehr an Gesundheit und meine schwedischen Freunde die
deutsche Mentalität würden ersetzen können.
Und das überlege ich immernoch.
Zeit dazu habe ich ja gerade….