Warum die hübschen schwedischen Männer kein Spannbettuch ersetzen…

An der Straßenecke steht ein Männer-Model.
Sieht zumindest so aus.

Das Gesicht eine jungenhafte Variante von David Beckham mit skandinavischem Einschlag.
Hohe Wangenknochen, perlweiße Zähne, das alles unter dieser ungeplanten Schärengarten-Bräune.

Plötzlich setzt er seine filigranen 1,95m in Bewegung und kommt auf mich zu.
Unter dem wie zufällig eng anliegenden, hauchdünnen Longsleeve zeichnen sich wohlsortierte Bauchmuskeln ab.

Vermutlich muß er sein Boot oft aus dem Wasser tragen.
Das wird’s sein.

Er steuert mich direkt an.
Seine Sonnenbrille läßt keine Analyse zu, meine verbirgt einen flatterigen Blick.
Bevor wir uns berühren, macht er einen Schritt zu Seite und verschwindet hinter mir.

Ich hätte ihm entgegengegehen können.
Die Ampel war schließlich Grün.

Das war das Highlight meines zweiten Tages.

Frau E. entdeckt Clas Ohlson

Ich bin auf dem Weg zu Clas Ohlson.
Leider kein Date mit so einem Geschoß wie eben an der Ampel, sondern die lokale Baumarktkette.

Nach zwei durchwachten Nächten, in denen meine Ohrenstöpsel versagten, bin ich auf der Suche nach Lärmschutz für Bauarbeiter.

Ich richte mich vor der nächsten Mitarbeiterin auf und erkläre, daß ich Profi-Ohrenschützer suche.

Ob ich im Straßenbau arbeite?, fragt sie.
Nicht direkt, sage ich.
Ich möchte damit ins Bett gehen.
Jahaaa, sagt sie und schaut mich lange an.
Aber das kenne ich ja schon.

Ich laufe ihr hinterher und lande bei den Lärmschutzkopfdingern.
Die gibt es sogar in Pink.
Für Kinder.
Aber wenn ich schlafen möchte, kenne ich nichts.

Als ich gerade die günstigere Variante in Knatschgelb auf dem Kopf habe, läuft ein Schweden-Schnuckel an mir vorbei.
Er schaut mich mit diesem Jahaaa-Ausdruck an.

Ich versuche, souverän zurückzuschauen, was sich etwas schwierig gestaltet mit Plastik-Knubbeln auf dem Kopf.

Plötzlich ertönt eine Durchsage.
Ich höre sie deutlich.
Das ist also auch keine Lösung.

Entnervt fahre ich wieder nach Hause und lege mich ins Bett.

Schwedische Bettlaken – ein mittelgroßes Elend

Erwähnte ich an irgendeiner Stelle, daß ich knusselige Bettwäsche entsetzlich finde?
Nein?

Also früher, als ich noch Zeit, Kraft und Nerven hatte, bügelte ich meine komplette Bettwäsche.
Irgendwann gab ich diese zeitraubende Tätigkeit an eine Heißmangel ab.

Und als ich auch keine Zeit mehr fand, die Bettwäsche hinterher dort abzuholen, gab ich es ganz auf und senkte meine Ansprüche.

Hier in Stockholm stellt sich mir eine neue Herausforderung: das Laken.
Als passionierte Spannbetttuchnutzerin finde ich nicht nur im Schrank, sondern auch bei Ahlens ausschließlich klassische Laken.

Die Laken in der Wohnung passen nicht mal zur breiten Matratze.
Heißt: ich muß zwei ungebügelte Laken so miteinander verbasteln, daß sie die Fläche abdecken.

In der ersten Nacht versuche ich es vertikal.
In der nächsten Nacht horizontal.
In der dritten werfe ich in weiteres Laken über das Gewühl der ersten beiden.

Der flotte Dreier verhindert seitdem zwar, daß ich Matratzenkontakt habe, glatt wird es dadurch aber immernoch nicht.
Im Gegenteil.

Schon bevor ich abends hineinhüpfe sieht es aus, als hätte dort Berlusconi mit seinen Bunga-Girls gewütet.

Erwähnte ich, daß ich knusselige Bettwäsche nicht mag?

So ein Auslandsaufenthalt ist eine Herausforderung.
Man wird täglich genötigt, sich an ungeahnte Situationen anzupassen.

Das gelingt in jüngeren Jahren tatsächlich einfacher.
Wenn ich daran zurück denke, daß ich mit 17 in Paris das Hotelzimmer mit Kakerlaken geteilt habe…

In hellen Sommernächten

Glücklicherweise war ich schwedenerfahren genug, um meine Lieblings-T-Shirts für die Mitnahme von Verdunklungsstoff zu opfern.

Die Verwunderung von anderen Schwedenreisenden über die nächtliche Helligkeit finde ich immer wieder amüsant.
Wie haben sie gedacht, daß Sonne nachts strahlt?
Schwarz?

Natürlich sind wir hier nicht am Polarkreis und die längste Nacht des Jahres liegt schon einige Wochen zurück.
Dennoch ist es hier nur rund drei Stunden wirklich dunkel.

Wenn sich jemand fragt, wann ich endlich auf die Stadt zu sprechen komme:
das frage ich mich auch.

Aber so verliefen meine ersten Tage hier eben.
Ich habe nichts Sehenswertes gesehen.
Dafür viel Nicht-Sehenswertes.

Zumindest bin ich diesmal nicht in der Bronx von Stockholm gelandet, wie vor 13 Jahren, als ich für einen Sprachkurs ein Zimmer anmietete.
In einem Stadtteil, den kein Einheimischer kennt.

Und in dem ich die einzige Person war, die annährend nordeuropäisch aussah.
Ich nähere mich also in Dezimalschritten der optimalen Wohnsituation an.

Und zu den schönen Seiten dieser Stadt komme ich auch noch.
Versprochen.

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