Entspannt reisen (2)

Ich renne los, rupfe mir bei der
Security die Kleider vom Leib, schnappe mir nach piepfreiem Durchlauf
meine Sachen, werfe dem nächstbesten Zeitschriftenverkäufer ein „Wo
ist die Brigitte Woman?“ nebst Geld über den Tresen und ende
undamenhaft transpierierend am Gate.

“Sieht nicht gut aus”, sagt die
Flightmanagerin. “Sie kommen vielleicht nicht mit.”   *
Was wollen die ganzen Leute plötzlich
auf Mallorca?
Hallo! Es ist Feeebruar! Normalerweise
steige ich hier mit ein paar Rentnerpaaren ein.
Die Zeit bis zur Entscheidung verbringe
ich mit Atemübungen.
Dann die Erlösung.
Selten habe ich mich so über einen
Mittelplatz gefreut.
Die Freude hält kurz, denn neben mir
sitzt ein Mann mit äußerst breitem Kreuz.
Normalerweise schmachte ich ein breites
Kreuz an.
Heute nicht.
Heute schmachte ich gar nichts mehr an.
Heute bin ich froh, wenn sich mein Puls
wieder aus der herzinfarktfreien Zone runterschraubt und ich
irgendwie irgendwann in irgendeinem Bett lande und nichts mehr tun
muß.
Der Breitkreuzträger denkt 2,5h
nicht im Traum daran, seine breitkreuzbetonende Lederjacke
auszuziehen.
Und die Dame links denkt 2,5h nicht im
Traum daran, ihre Zeitung flugzeugtauglich vertikal zu falten.
Aber mir ist alles egal und als ich mit
Egalsein fertig bin, sind wir da.
Jetzt könnte ich mich entspannen, wenn
ich einen Transfer hätte.
Habe ich aber nicht.
Auf dem Programm steht eine Autofahrt.
Erwähnte ich, in den letzten acht
Jahren nur dreimal Auto gefahren zu sein?
Zweimal mit
Lebensabschnittsmanndienstwagen (Paß auf! Nicht so schnell, Schatz! Bremsen!
Kurve!) und einmal letztes Jahr mit einem Miet-Smart (auch so
eine Geschichte).
Nach der Erfahrung in einem Smart mit
130 Sachen im Sturmtief habe ich diesmal ein AUTO gebucht.
„Gerne eines mit viel Platz über dem
Kopf“, sage ich der netten Dame von Sixt.
Bei 1,82m Größe fühlt man sich in
diesen Frauenflitschen schnell wie ein Butterbrot.
Die Dame ist ganz entzückend und gibt
mir mangels Verfügbarkeit der gebuchten Kategorie ein Upgrade.
Sie nennt das Modell.
Sagt mir nichts.
„Direkt vor dem Fenster.“
Direkt vor dem Fenster steht ein Kleintransporter.
So ein Ding, in dem mir in Afrika
regelmäßig schlecht wurde (wieder eine andere Geschichte).
Auch gut.
Mir ist gerade alles recht.
Ich verstaue meine
explosionsgefährdeten Koffer und starte mein Klempner-Mobil.
Tolle Außenspiegel hat der!
Man kann von hier bis Dortmund alles
sehen.
Wenn was wäre.
Denn auf Mallorcas Autobahnen im
Februar komme ich mir vor wie damals auf dem ADAC-Übungsplatz: weiße
Linien, saubere Verkehrschilder und weit und breit nichts.
Sehr angenehm für jemanden, der um 17
Uhr am Autobahnkreuz Duisburg Meiderich vermutlich einen
Nervenzusammenbruch bekäme.
Nach der üblichen halben Stunde
„Fröhliches Verfahren kurz vorm Ziel“ parke ich meinen
Kleinlaster auf dem Robinson-Parkplatz.
Ich bin da!
Jetzt brauche ich Urlaub.
Und so kommt es auch.
* Die günstigsten Tickets für
Airline-Mitarbeiter sind standby.
Das heißt frei übersetzt: Gott steh’
mir bei, daß ich mitkomme und da Urlaub mache, wo die Klamotten
klimatisch hinpassen, die ich eingepackt habe.
Wir fliegen nämlich nicht überall
umsonst hin, wie außerhalb der Airline-Welt gerne angenommen wird.