Barcelona: Jugendstil & Co. (3/5)

Mich reizt vor allem Eixample, das
Jugendstilviertel.
Also wieder rein in die Metro, raus an der Station
“Diagonal” und dann im Zick-Zackkurs bergab. 
Das ist das Schöne am
Nichtmehrzwanzigsein: kulturbeflissene Pflichterfüllung weicht dem
Zugeständnis an die wahre Belustigung.

Der Reiseführer hat nicht zu viel
versprochen: ein Prachtgebäude reiht sich an das Nächste.
Interessant, wie sich die Umsetzung des
Jugendstils von Land zu Land unterscheidet.
Während ich bei schneeweißen
Exemplaren an der Hamburger Alster in pure Verzückung ausbreche und
in Stockholm mit offenem Mund die imposanten Entrées bewundere,
wirken die teilweise mit Kacheln bunt verzierten Gebilde auf mich wie
die klassische Hochzeitstorte:
Zuerst steht man voller Gier davor.
Aber nach dem ersten Haps, wenn
Marzipan und Bisquitteig im Mund zu einer zuckersüßen Melange
verschmelzen, ist schlagartig die Übelkeitsgrenze erreicht.
So ergeht es mir mit dem Barceloneser
Jugenstildekorguß.
Hier einige Impressionen, z.B. die ebenfalls von Gaudi entworfene Casa Milá auf dem Passeig de Gràcia Nr. 92.
So ganz unter uns: den Vordergrund fand ich attraktiver als das berühmte Haus…

Nun muß ich zur Entschuldigung von Barcelona sagen, daß dieses Haus bei Sonne eindeutig besser wirken wird, ebenso wie die anderen architektonischen Schönheiten.
Morbider Charme bei trüben Windböen haut vermutlich nur eingefleischte Fans vom touristischen Hocker. 

Plötzlich eine Ablenkung vom Jugendstil-Overkill.
Ins Auge sticht ein Name aus meiner Lieblingsserie “Sex and the City”: JIMMY CHOO.

Als erklärter Shopping-Feind habe ich diese Zaubertreter noch nie aus der Nähe angesehen. Wenn das keine Gelegenheit ist!

Mit Jeans und Sneakers stapfe ich in das güldene Gemach.
Panikartig stürzt ein perfekt manikürter Verkäufer auf mich zu.
Sie wird doch nicht mit ihren klebrigen Muffinfingern…

Nein, wird sie nicht.
Ihre klebrigen Muffinfinger stecken nämlich in der Handtasche, schalten unbemerkt die Kamera ein, tasten nach der Bltzausstelltaste und ehe das Verkäuferduo aus den polierten Puschen kommt, habe ich sie gezückt und mein Lieblingsmodell fotografiert.

Jimmy Choos Feather Shoe, ab 1.500 €

Nach Recherchen im Internet weiß ich inzwischen auch, daß der Schuh einen Namen hat.
Hallo, Marlene, hätte ich zu ihm sagen können.
Tja, das weiß ich jetzt.

Daß die beiden nicht sofort die Polizei gerufen haben, war ein Wunder.
“Noooo fotos!”

Ne, ist klar..
Das Internet verzeichnet 489.00 Treffer für die Suche, aber ein Bild in einem Store mitten in Barcelona grenzt an tabulose Produktpiraterie.

Ich schaue ein letztes Mal andächtig auf dieses Kunstwerk, träume für einen Moment, ich könnte darin einen Schritt ohne Kreuzbandriss durch eine New Yorker Bar tätigen und schlurfe in meinen ausgetretenen Touristenschuhen zurück auf die Straße.

Zum Träumen…

Weiter geht’s im nächsten Teil…