So, nun saß ich nach Wohnungsräumen und Übergabe auf einem Haufen Taschen. Abmarschbereit. Ein Freund hatte mir die spontan zurückgelassene Reisetasche aus Deutschland mitgebracht. Und bei meiner schwedischen Freundin S. parkt ganzjährig ein Hackenporsche mit Basics für den Haushalt.
Nun war ich nicht mehr mobil. Und praktizierte den klassischen Stockholmer Umzug: mit einem Taxi.
Die Fahrer sind hier so einiges gewohnt. Täglich fahren sie Umziehende von Wohnung zu Wohnung.
Vor dem Marriott spuckte mich der Fahrer aus. Da standen wir dann: sechs Gepäckstücke, eine Drehtür und ich.
Drinnen standen auch welche. Mitarbeiter an der Rezeption. Ohne Kunden. Regungslos.
Ich schlörrte Tasche für Tasche in die Eingangshalle. Mitarbeiter: regungslos.
Ich holte mir einen dieser Hotelgepäckwagen und begann, zu stapeln. Mitarbeiter: regungslos.
Ich schob das beladene Gefährt mit Mühe über den dicken Teppichboden. Mitarbeiter: regungslos.
Nun ist Stockholm kein Ort, der für Kundenservice berühmt werden wird. Daß man aber so stoisch hinter seinem PC stehen und mir beim Aufsammeln herunterfallender Koffer zuschauen konnte, war selbst mir fremd.
Wenigstens war die Dame sehr freundlich. Und ich hatte ein größeres Problem: Ich mußte dringend ins Bett. Hinlegen. Nicht mehr aufstehen bis morgen. Sonst kippte ich hier gleich um. Für immer.
Meine 42000 Taschen und ich reisten in den 10. Stock. Tür auf. Jetzt kippte ich wirklich um. Wieviel Chemikalien kann man in einem Zimmer verputzen?
Ich stürzte mit angehaltenem Atem zum Fenster. Schnell aufmachen. Ähh.. Geht nicht. Gar nicht. Nicht mal ein Lüftungsspalt existierte. Die ganze Wand war ein Fenster.
Fünf Atemzüge reichten aus, um meinen Trigeminusnerv zum Explodieren zu bringen. Wenn ich nicht in zehn Minuten zum Liegen käme, müßte ich den Notarzt bestellen.
42000 Taschen und ich wieder runter zu Rezeption.
Gibt es hier irgendwo ein Zimmer, wo ich ein Fenster öffnen kann?!
Gibt es. Nennt sich “Studio” und ist eine Luxuskategorie. Mit Whirlpool. Und Dachterrasse.
Einen Whirpool brauchte ich wie ein Loch im Kopp. Und eine Sundowner-Party hatte ich auch nicht geplant.
Nun stand ich vor der Wahl: das Budget verdreifachen oder vor der Rezeption zusammenklappen.
Eigentlich also keine Wahl.
Meine arme Kreditkarte.
Fünf Minuten später rasten die 42000 Taschen und ich wieder bergauf.
Tür auf. Balkontür auf. Plopp. Frau fällt aufs Bett. Schweigen.
Wenn da nur nicht dieser komische Dunst wäre. Eine dezente Fäkalien- Brise.
Mit letzter Kraft schloß ich die Badezimmertür und dämmerte so vor mich hin.
Brise nahm Fahrt auf.
Nach zwei Stunden roch die Suite wie ein Dixie-Klo am Ende des Wacken-Festivals.
Da half auch die offene Balkontür nicht mehr.
Der Haustechniker kam. Und rannte schnell wieder weg. Ihm stank es zu sehr.
Ich durfte das Zimmer wechseln. Großartige Idee. Konnte mir gerade kaum was Tolleres vorstellen, als alles, das ich schon ausgepackt hatte, wieder einzupacken und ein Zimmer weiter wieder von vorne anzufangen.
Die neue Luxusbleibe roch nicht.
Herrlich!
Drei Stunden später roch sie auch.
Jetzt wußte ich, wozu die Dachterrasse gut ist: man könnte dort schlafen.
Oder runterspringen.
Das war mir allerdings gerade auch zu anstrengend.
Diesmal kamen zwei Haustechniker.
Es stinkt, sagten sie. Ach, ne.
Wenn ich weiter so absolut rein gar nicht zur Ruhe käme, hätte ich mich auch gleich vor dem Hotel auf die Straße legen können. Wäre billiger.
Die zwei Haustechniker reinigten die Rohre im Bad. Sehr idyllische Atmosphäre. Und so entspannend.
Wenigstens ließ das Dixie-Klo-Ambiente nach.
Den Rest des Tages verdämmerte ich mit Schmerzmitteln. Und genoß zwischendurch die Aussicht. Die war nämlich wirklich wunderschön.
Am Ende schlief ich dann sogar doch unter der Värsterbro. Nur bequemer.