Ihr Lieben,
viele von Euch sind nicht bei Facebook. Nun poste ich dort zwischen den “richtigen” Geschichten oft Fotos, Nachdenkliches oder Lustiges. Damit Ihr auch daran teilhaben könnt, seht Ihr hier in der rechten Spalte nun einen Facebook-Stream, in dem Ihr dies alles scrollen könnt..
Und wer nicht von Anfang an bei der Suche nach einem besseren Lebensumfeld dabei war: in der Navigation ganz oben auf der Seite sind unter “Verschiedenes > Mein “Road Trip” in ein gesünderes Lebensumfeld” ab sofort alle Texte dazu an einer Stelle vereint.
Viel Spaß beim Lesen! Und sehr gerne auch Weiterleiten und Teilen 😉
Und hier geht’s weiter mit der eigentlichen Geschichte
Und – vielleicht der wichtigste Punkt – bemüht sich, schwedische Nachbarn nicht durch freundliches Grüßen zu verschrecken.
Eigentlich dürfte in sechs Tagen etwas zu finden sein. Ich suchte ja auch nur für ein Weilchen und nicht für ein Jahr oder unendlich. In jeder klaren Sekunde antwortete ich auf Wohnungsannoncen. Ich traf niemanden. Ich ging nicht spazieren. Ich schaute keinen Film oder las nichts.
Ich schrieb und schrieb und niemand antwortete. Ich änderte den Text und niemand antwortete. Ich fragte verschiedene Schweden, ob was komisch sei an meinem Anschreiben. So eine rheinländische Offenheit kann hier ja durchaus mal zu Schockstarre führen. Nö. Ich schickte den Text weiter ein. Und niemand antwortete.
100 Interessenten in drei Stunden? Keine Seltenheit!
So ist das in Stockholm außerhalb der Sommerzeit. Mitte Juni ist der Markt voll. Jeder möchte sich seinen Sommer durchs Untervermieten refinanzieren. Mitte Juli sind diese Wohnungen aber noch untervermietet. Und ab Anfang August füllen die Original-Stockholmer wieder die wenigen Lücken.
Was bleibt sind einige wenige Wohnungen, deren Bewohner für eine Weile ins Ausland gehen oder mit ihrer neuen Liebe probewohnen.
Und auf die bewerben sich innerhalb der ersten Stunden locker 80-100 Menschen. Danach löschen die meisten sofort ihre Anzeigen und picken sich die ersten gut Klingenden heraus. Und da nur Wahnsinnige (oder ich, was im Prinzip aufs selbe hinauskommt) in dieser Stadt ein Dach über dem Kopf ablehnen, geht jede Wohnung hier weg wie warme Semmeln.
Ich vermute auch, daß viele den Vermietern ein paar Tausend Kronen mehr bieten, als in der Annonce steht. Das ist allerdings unter meiner Würde.
Eine Freundin inserierte mal ein 6qm großes Zimmer in ihrer Wohnung. Bett, Stuhl, mehr paßte nicht hinein. Ohne Heizung. Im Winter. Und Zusammenleben mit Kind und Haustieren war auch erfordert. Bei jedem Gang aus diesem Zimmer hinaus mußte der Untermieter durchs Schlafzimmer meiner Freundin, die fortan im Wohnzimmer schlief.
Auf diese kleine Loch bewarben sich Universitätsprofessoren, Forscher vom Karolinska Institutet, Ärzte, Manager… Mit der Miete diese kleinen Zimmers refinanzierte sie ihre Wohnung.
Auf der anderen Seite gibt es unendlich viele Geschichten von “ganz normalen” Menschen, die aus der Not heraus in Zelten wohnen. Auch Mütter mit Kindern. Ein Freund von mir wohnt immer wieder monatelang in einem 12-Bett-Zimmer eines Hostels. Und auf auf einem kleinen Boot. Bis tief in den Herbst.
Hätte ich 2012 die zauberhafte Wohnung, in der ich damals für den Sommer lebte, für 200.000€ gekauft, könnte ich sie jetzt für mindestens 400.000€ verkaufen. Aber ich hielt die 200.000€ damals für total überzogen. (An dieser Stelle denke Dir ein bitteres Lachen von Frau E.)
So wie Liebesscamming boomt in Stockholm Wohnungs-Scam. Anzeigen von Betrügern, die zufällig gerade im Ausland leben und ihre Wohnung vorher nicht rechtzeitig vermieten konnten. Das trifft dummerweise auch auf viele Nicht-Betrüger zu. Und macht es schwierig, zu differenzieren. Die Wohnungen sind meist einen Hauch zu günstig. Miete wie Kaution sind nur im Voraus bezahlbar. Die Vermieter tragen selbstverständlich urschwedische Namen.
Wer wie ich Tag und Nacht Wohnungsanzeigen liest – und das ist hier Lebensaufgabe Nr. 1 für alle, die noch nicht entnervt aller Kosten zum Trotz gekauft haben – kennt bald einige wiederkehrende Namen.
Ich kann sie jetzt schon nicht mehr sehen.. |
In den vielen Facebook-Gruppen zur Wohnungssuche in Stockholm preisen sich die Menschen an wie auf dem Modelmarkt: 1A Foto vom Fotografen, Mädchen räkeln sich mit laszivem Blick vor der Kamera und jeder ist rauch-,tier-,-schuldenfreier als der Vorgänger. Um Mißverständnissen vorzubeugen, schreiben die Mädchen dazu, daß man von unseriösen Angeboten absehen möge. Liebe Mädchen, es würde helfen, wenn Ihr auf den Bildern nicht schaut, als würdet Ihr schon beim Tagsagen vor dem Vermieter auf die Knie sinken und an dessen Buxe herumfummeln.
Aber was tut man nicht alles.
Hier ein guter Artikel aus der Süddeutschen Zeitung zum Thema.
Meinen Versuch einer Übersicht über den Stockholmer Wohnungsmarkt kennt Ihr ja sicher schon. Oder etwas nicht?! 😉
Die Zeit lief ab und keine Unterkunft in Sicht
Ich saß also in der hübschen Karmawohnung meiner Freundin und suchte mir einen Wolf. Gesunde Menschen hätten natürlich neben der Recherchiererei noch die Energie gehabt, etwas vor der Tür zu unternehmen. Nun bin ich kein gesunder Mensch. Aber so eine Woche kann ich in diese Aktivität ja mal investieren. Immerhin war ich im schwedischen Klima, was selbst unter Wohnungssuchdauerstreß noch Wunder bewirkte.
Schwupps, war es Montag. Und da würde ich abends obdachlos. Als Aussicht hatte ich lediglich eine Wohnung für drei Wochen im Neubauviertel am Hornsberg Strand. Und die könnte ich mir, falls der Vermieter zufällig bis dahin aus dem Urlaub zurück wäre, was er erst am Dienstag zu wissen gedachte, auch erst am Dienstag anschauen. Finde den Fehler.
Der Druck stieg nicht unwesentlich. Ich buchte vorsorglich ein Hotelzimmer und schrieb nochmal sämtliche Apartmentvermittlungen an. Dort hätte ich an dem Montag auch etwas mieten können. Für 3000€ für 30qm. Nun liegt mein Budget aber weit, weit, ganz weit darunter.
Ich simste meiner Freundin. Und sie war so zauberhaft, in Erwägung zu ziehen, bei ihrem Freund zu schlafen für eine Nacht. Unter folgender Voraussetzung (nun wird es international): falls der französische Freund meiner russischen Freundin an dem Abend vor ihr aus den Niederlanden zurück in Schweden wäre, würde sie, wenn sie aus Russland kommend in Schweden landet, direkt zu ihm fahren, damit die deutsche Obdachlose noch eine Nacht Schonfrist hat.
(Ja, diesen Satz versteht man nur, wenn man in kein Rotweinglas abgetaucht ist.)
Bis 20.30 Uhr lag ich also in ihrer Wohnung auf dem Sofa, die gepackten Koffer griffbereit neben mir und hatte keinen Schimmer, ob ich sie wieder öffne oder ins Hotel umziehe. Unter normalen Umständen wäre ich schon am Vortag Amok gelaufen. Unter normalen Umständen plane ich jedes Detail Tage, Wochen, Monate voraus. Und wenn etwas abweicht, bekomme ich die Komplettkrise.
Jetzt aber betrachtete ich die Situation als mentale Challenge. Genau das wollte ich ja herausfinden: ob ich nicht auch anders kann. Wie Menschen, bei denen alles hochflexibel und ungeplant abgewickelt wird. OK, mit vermeidbaren Pannen. Aber am Ende leben sie meist auch noch. Und eben entspannter, als Frau E.
Ich atmete also tief ein und tief aus. Und wieder ein. Und wieder aus.
Und dann kam sie, die SMS: Du kannst bleiben. Yes! Koffer wieder auf, rein ins Bett. Morgen ist ein neuer Tag. Det ordnar sig.