Will man diese Wohnung verlassen?? NEIN!
Anfang August werde ich obdachlos.
Das trifft früher oder später jeden, der in Stockholm lebt und kein Wohnrecht gekauft oder nach 15 Jahren auf der Warteliste einen 1.-Hand-Vertrag in der Hand hält.
Fast alle meine Freunde in Stockholm ziehen permanent um.
Manche verbringen die Zeit in Hostels, manche auf Booten, bis wieder für einen begrenzten Zeitraum ein Wohnungsschlüssel ihr eigen ist.
Kein Wunder, daß Facebook in Stockholm so prosperiert: es ist der einzige Ort, an dem man seine Bekannten immer wiederfindet.
Mein Traumwohnungsrausschmiß kam natürlich nicht unerwartet.
Der Vertrag endete und ich hatte schon seit Wochen kaum etwas anderes getan, als im Internet nach einer Anschlußwohnung zu suchen.
Gab es aber nicht.
Gut, um ehrlich zu sein, gab es schon.
Nur nicht zu meinen Ansprüchen oder zu meinem Budget.
Natürlich hätte ich in die Bronx von Stockholm ziehen können.
Wären mir wenigstens mal aufgeschlossene Menschen begegnet.
Auch hätte ich nochmal 3 Mio. Euro investieren können, um wieder etwas Schönes zu finden.
Irgendwo hört der Spaß aber mal auf.
Schließlich zahle ich im Sommer rein rechnerisch drei Mieten monatlich: Düsseldorf und die doppelt so teure Stockholmer Miete.
Und das alles im Namen der Gesundheit.
Gut, dachte ich mir, ich wollte ja ohnehin endlich ein paar Tage Urlaub machen, suche ich mir eben was Ruhiges im Umkreis von ca. 70km um Stockholm herum.
Zack, nächstes Problem.
90% der angebotenen Unterkünfte sind stugor, also die kleinen roten Schwedenhäuschen, die wir Deutschen immer so heimelig finden.
Nun muß ich allerdings gestehen: ich bin kein Stuga-typ.
Überhaupt rein gar nicht.
Bleiben Hotels und Jugendherbergen (vandrarhem).
Hotels wurden offenbar 1995 für 2013 vorgebucht.
Zumindest ist zwischen Östhammar und Nynäshamn nichts für mehrere Tage am Stück zu ergattern.
Man heiratet eben gerne im kurzen schwedischen Sommer, da reserviert die Hochzeitsgesellschaft natürlich das komplette Hotel.
Bleibt ein vandrarhem.
Dusche und Bad auf dem Gang.
Muß ich dazu noch etwas sagen? 😉
So verbringe ich die letzten Wochen mit Recherche.
Ich glaube, selbst im Schlaf habe ich nach meinem Handy getastet und die Seite von trivago neu geladen.
Hotelpreise ändern sich ja stündlich.
Und ja: Man kann sich auch totsuchen.
Hat aber nicht geklappt.
(Das mit dem Totsuchen.)
Mit viel Gebastel kann ich bei booking.com am Ende zwei Buchungen im selben schnuckeligen Hotel auf Dalarö ergattern.
Fünf Tage sind gerettet.
Und das zu einem phantastischen Preis: statt der üblichen rund 1.700kr zahle ich nur 600kr pro Nacht.
Wenn man die Freizeit gegenrechnet, die ich damit zugebracht habe, diese Deals zu ergattern, stehe ich natürlich im nennenswerten Minus.
Das Zimmer habe ich allerdings erst ab Sonntag buchen können.
Samstag muß ich ausziehen.
Also noch ein Problem.
Sicherheitshalber bringe ich schonmal “Koffer Mittelgroß” und “Tasche mittelgroß” quer durch die Stadt zu meiner Freundin S.
Jetzt muß ich “nur” noch fünf Kubikmeter in zwei Kubikmeter Koffer quetschen.
Bei dem Versuch heißt es Abschied nehmen. Von einigen alten T-Shirts, von meinen uralten blauen Sneakers und auch von meinen noch älter als uralten braunen Sneakers.
Adieu, mon ami…
Dann wird es warm in der Stadt.
Ziemlich warm.
Und als es dann so warm ist wie noch nie, so richtig fies, wie Stockholm es nur einen Tag im Jahr produziert, an diesem Tag muß ich “Koffer Mördergroß”, meinen Trolley, meinen Rucksack und meine Handtasche einen halben Kilometer weiter in ein mausekleines Dachgeschoßhotelzimmer transportieren.
Nur für eine Nacht.
Erwähnte ich, daß ich NächtE brauche, um mich an eine neue Schlafstatt zu gewöhnen?
Fein.
Das trägt zur Gesamterholung bei.
Ich mampfe eine Migränetablette, lege mir einen kalten Wickel auf den Kopf und beschließe, die nächsten 24h zu ignorieren.
Ommm..