Ein Teddybärgeschwür.. |
Weihnachten 2011
Bevor ich mich dem Problem widmen kann, die hübsche Tapete an die geriffelte Wand zu kleistern, müssen noch Möbel weichen und neue gehamstert werden.
Heiligmorgen (oder sagt man Heiligabendmorgen?) sitzen meine Freundin aus Frankfurt und ich beim Frühstück und philophieren über meine neuen, weißen, noch nicht existenten Regale.
Nach dem Motto “Was Du heute kannst besorgen..” sitzen wir wenige Minuten später pfeifend im Auto und nähern uns dem schwedischen Möbelhaus unseres Vertrauens.
Wir rechnen mit dem Schlimmsten: zerstrittene Paare, quengelnde, klebrige Kinder, lange Schlangen an den Kassen.
Die Paare sind gegen 11 Uhr vermutlich bereits so zerstritten, daß sie nicht mehr einkaufen fahren, sondern ihre klebrigen Kinder gerade zu Oma und Opa kutschieren, damit nicht schon vor 19 Uhr eine schöne Bescherung stattfindet.
Eine Kleinigkeit habe ich bei der Aktion leider übersehen:
“Isch vertraage kainö Möbäll-äusä”.
“Isch vertraage kainö Möbäll-äusä”.
Ausdünstungen von bestimmten Lacken, Klebern und Lösemitteln schießen wie ein Schwert in meine Nase und verursachen umgehend den schönsten Migräneanfall, den der liebe Gott sich ausdenken kann.
Richtig mit allem Drum und Dran und nicht nur so ein Larifariding bei Streß oder anderen Unsäglichkeiten des Alltags.
So schnell kann ich gar nicht durch einen Laden rennen, daß der Trigeminus-Nerv davon nichts bemerkt.
Und eine größere Kumulation unterschiedlichster ungesunder Stoffe als in einem Möbelhaus erlebt man vermutlich nur, wenn man den Kopf in eine Müllverbrennungsanlage steckt.
Entsprechend schnell fällt meine Entscheidung für die Regale aus.
Drauf zustürmen.
Feststellen, daß es “meine” Sorte gar nicht mehr gibt.
Einen kurzen Heulkrampf bekommen.
Plan B auswählen.
Hinter der Kasse bin ich bereits so gar, daß ich einem Weihnachtsmenü aus Köttbullar med Potatismos zustimme.
Daß meine Freundin den Kartoffelbrei nicht selbst herstellen will, erkenne ich erst, als eine Tüte in hohem Bogen auf meine Regale fliegt.
Kartoffelbrei aus der TÜTE!
Wo ich doch grundsätzlich nur Rohmaterial verarbeite.
Aber ich bin bereits im “Alles egal, nur ins dunkle Zimmer”-Modus.
Und Heiligabend ist schließlich nicht zum Essen da.
Mit letzter Kraft beflirte ich einen älteren Herrn, uns mit den Paketen zu helfen.
Zum ersten Mal ist von Vorteil, daß man mir meine Schmerzen nie ansieht.
Meine Freundin, ihre Leiche und vier Pakete rasen zurück nach Hause.
Hier wanken wir, die MDF-Schwergewichtsdinger und unsere quietschenden Bandscheiben Stufe um Stufe die Treppen hinauf.
Oben angekommen sinke ich ins Bett.
Was gar nicht so tragisch ist.
Zumindest für meine Freundin.
Sie hat nämlich meine riesige Badewanne entdeckt.
Das Ding, über das ich mich als Nur-Duscherin seit Jahren aufrege.
Munter singend sammelt sie iPhone, Zeitschriften und Co. am Beckenrand und sinkt mit einem glücklichen Seufzer in einen Schaumberg ein.
Am späten Abend sind wir beide Dank Pharmaindustrie und Niveaschaumorgie wiederhergestellt.
Erstaunlicherweise läßt sich sogar der Kartoffelbrei aus der Tüte essen.
Man muß nur gleichzeitig genügend Fleischbällchen in den Mund befördern.
Der Abend endet mit einem Tanz um den Tannenbaum.
Was eine ordentliche Dosis Formaldehyd so alles bewirkt…
Ich mußte es versprechen, auch wenn sie sich nicht zu verstecken bräuchte… 😉 |