Das Leben mit Multipler Chemikaliensensibilität (MCS) bedeutet, daß jedes Handeln, alles vor Deiner Wohnungstür, alles in Deiner Wohnung und jeder Menschenkontakt Dich fast umbringen kann. Oder zumindest Deinen Zustand so massiv verschlechtert, daß Du Dich nach kurzem Chemiekontakt ewig lange fühlst, als würdest Du sterben. Und es Tage bis Monate braucht, Dich von der einen Exposition zu erholen.
Die Welt ist voller Gifte. Das ist ein Fakt. Interessiert aber niemanden. Kaum jemand nimmt ernst, wenn Du sagst, daß Du ohne Arme oder Beine deutlich mehr Handlungsspielraum hättest, als mit diesen verdammten Vergiftungsreaktionen auf alles und nichts.
Mich erschüttert es immer wieder, wenn mir Menschen schreiben, wie ignorant sogar engste Familienmitglieder damit umgehen. Wie sie die Gesundheit ihrer Liebsten einem Waschmittel oder Deo opfern. Und sie noch für ihr Leid verhöhnen.
Was reagiert meine MCS bei Kontakt zu Chemikalien?
Wenn ich etwas von meinen Triggern einatme oder z.B. über die Mundschleimhaut im Körper aufnehme, fühle ich mich schnell benommen, als hätte mir jemand 10 Valium eingeflößt. Kann nicht mehr denken. Mich vor lähmender Schwäche kaum mehr rühren. Mir nicht mehr helfen, als sei ich plötzlich in einer Taucherglocke und die Welt wird zu einem Film, an dem ich nicht teilhabe. Dann kommt rasendes Herzrasen, Übelkeit und es beginnt ein unfaßbar intensiver Gesichtsnervenschmerz, der auch noch viele Tage nach dem Kontakt zu der Chemikalie andauert.
Das Ganze entwickelt sich dann zu einem tagelangen Mastzellschub mit bis zu 20 weiteren Symptomen, körperliche und psychische. Viele Gifte sind Neurotoxine und so stellt sich eine suizidale Depressivität ein mit Angstzuständen, die wieder verschwindet, wenn mein Körper sich nach 7-14 Tagen von den Toxinen erholt hat. Parallel schmerzen alle meine Gelenke extrem, der Magen “jubiliert”, die Zunge brennt und ein Tinnitus explodiert und vieles mehr. Schlafen klappt mit tobenden Mastzellen natürlich auch nicht, so daß sich der Schmerz wegen Schlafmangels festsetzt.
Im der Folge einer Schadstoffexposition wird mein ME/CFS so lähmend, daß ich Tage weitgehend mit Augenmaske und Ohrenstöpseln herum dämmere und nicht mal mehr die normalen klitzekleinen klaren Stunden mit Rudimenten von Energie erleben darf. Mein Körper reagiert total vergiftet. Was auch kein Wunder ist, da ich inzwischen schriftlich habe, daß die meisten meiner Gene, die Toxine abbauen, nur sehr reduziert arbeiten.
Und um das Ganze noch komplizierter zu machen: unterschiedliche Chemikalien lassen unterschiedliche Reaktionen ablaufen. Nach einem Zahnarztbesuch lag ich kürzlich fast einen Monat mit heftigster ME/CFS im Bett, nahezu unfähig, mich überhaupt zu versorgen. Die Migräne war in dem Fall aber nicht heftiger, als ohne Kontakt zu Toxinen.
Ein subjektiv nicht riechendes Bild, das ich nach zwei Monaten auslüften, für eine Nacht in mein Schlafzimmer hing, verursachte, daß ich um 3 Uhr morgens mit heftigsten Panikattacken erwachte. Um sicher zu sein, daß es nichts anderes war, probierte ich dies an drei Nächten innerhalb von sechs Wochen mit ausreichend Pausen dazwischen. In allen drei Nächten passierte dasselbe. Und es dauerte Tage, bis die Seele wieder ruhiger wurde.
WIE heftig ich reagiere, ist auch nicht immer gleich, sondern hängt stark davon ab, wie intensiv mein Körper in dem Moment bereits durch andere Faktoren vorbelastet ist. Was ich heute mit einem Naserümpfen wegstecke, kann mich morgen für zwei Wochen ins Bett katapultieren.
Wie sieht mein Alltag mit MCS aus?
Jeder Patient hat andere Schwerpunkte bei den Empfindlichkeiten. Doch eines eint uns alle: Das Leben wird winzig klein. Wie klein, kann man sich als Gesunder vermutlich kaum vorstellen. Ich hätte nie gedacht, daß ich jemals zu einem Paria werden könnte, einer Art Ausgestoßenen, aber da keine einzige Institution, kein Krankenhaus, kein Amt wenigstens versucht, chemie- und duftfreie Räume für uns zu schaffen, sind wir Betroffenen völlig von der Außenwelt abgeschnitten.
Deshalb schreibe ich hier jetzt einige Lebenssituationen auf und wie ich sie erlebe. Ich bin mir sicher, daß betroffene Leserinnen und Leser noch viele andere Augenblicke beschreiben können!
Im Büro arbeiten oder ein öffentliches Gebäude wie Amt, Bibliothek etc. betreten?
Heißt: verklebte Teppiche, furnierte Möbel, immer irgendwo was gestrichen, schlechte Luft, geschlossene Fenster mit Klimaanlage, grelle, vibrierende Neonröhren, riechende Mitmenschen, Gerüche von Putzmitteln.
Dazu Ausdünstungen aus Computern, Druckern, Kopierern und anderen technischen Geräten.
Heißt nach 5 Minuten Übelkeit, nach 10 Migräne und schockartige Fatigue. Nicht mehr in der Lage, vorzutragen, was ich eigentlich will. Das Gehirn ein einziger Nebel. Brain Fog deluxe. Keine Ahnung mehr, was ich da wollte. Keine Kraft mehr, bestimmt aufzutreten. Patzige Antworten wortlos einstecken, nur um schnell da wieder raus zu kommen. Danach 5-10 Tage out of order. Bisweilen monatelang. Nicht umsonst habe ich 14 Jahre von zuhause aus gearbeitet.
Ein Termin im Krankenhaus?
Die Hölle! Wie Amt, nur ohne Teppich. Dafür mit noch viel mehr chemischen Gerüchen in der Luft. Putzmittel, Desinfektionsmittel, Sprays, Zytostatika. Zig Menschen, die über ihre Kleidung oder Körper etwas ausdünsten. Hunderte elektrische Geräte, die warmlaufen und Plastikdämpfe verteilen.
Es gibt keinen Ort auf der Welt, an dem meine MCS so tobt, wie in einem Krankenhaus. Was bedeutet: ich habe keine Idee, wie ich es überleben sollte, wenn mir etwas akut zustößt und ich einfach irgendwo eingeliefert würde, ohne mich wehren zu können.
In ganz Deutschland gibt gerade mal eine Hand voll Krankenhausbetten für MCS-Kranke. Soll ein Notarztwagen noch sechs Stunden quer durch die Republik gurken?!
Und 99,9% des medizinischen Fachpersonals kennt oder glaubt die Schwere dieser Erkrankung nicht.
Da man mir, falls ich nicht mehr in der Lage bin, mich zu wehren, wahrscheinlich auch noch Medikamente verabreicht, die mich zusätzlich triggern, ist die Möglichkeit hoch, daß ich am Ende einen anapyhlaktischen Schock erlebe. Und ggf. sterbe.
Ja, hier in Deutschland.
Ich kenne Patienten, die in den renommiertesten Kliniken Deutschlands trotz ihrer genauesten Hinweise und ausgdruckten Unterlagen nicht verträgliche Medikamente erhielten. Obwohl es gleichwertige Alternativen gegeben hätte.
Ich selber habe beinahe auch schon im letzten Moment eine Operation verweigert, weil der Anästhesist zu borniert war, um die Empfehlungen der Charité für Mastzellpatienten ernst zu nehmen. Dann hat er gegoogelt, daß ich tot umkippen könnte, und plötzlich ging es seinerseits dann doch wie von mir vorgeschlagen.
Und als mir 2017 mein Fuß brach, konnte ich damit zu keinem Arzt oder Krankenhaus. Durch den Bruch und die Entzündung tobten meine Mastzellen bereits so enorm, daß zusätzliche Chemie aus Arztpraxen mich vielleicht getötet hätte. Ich mußte mich alleine versorgen. Hier. In Deutschland.
Termin in einer Arztpraxis?
Meistens wie ein Krankenhaus. Außer bei meiner naturheilkundlichen Hausärztin. Geht also auch anders. Der Arzt muß nur wollen.
Zu meinem wunderbaren Allergologen kann ich kaum mehr gehen, weil in der Praxis so viel Chemie ausdünstet, daß ich beim 1. Besuch zusammenklappte. Man kann also nicht mehr zum Allergologen, weil man zu allergisch auf die Praxis des Allergologen reagiert. Die Welt ist ein schlechter Witz.
Körperpflegeprodukte und Putzmittel verwenden?
Kaum möglich, denn heutzutage ist nahezu alles beduftet. Putzmittel, Waschmittel, Kosmetik, Hygieneartikel, Zahnseide, WC-Papier, ja sogar Müllbeutel.
Leute, MÜLLbeutel?! Ja, kann man den Müll nicht einfach raustragen, wenn er riecht?! Das hat Jahrtausende lang funktioniert.
Und wenn ich Werbung für die neuen Deos sehe, die 48h den Duft halten, fasse ich mich auch nur noch an den Kopf: Waschen die Leute sich dann 48h nicht? Wir sind doch nicht mehr im 18. Jahrhundert, wo man kein fließendes Wasser hatte?!
Ich frage mich ständig, wo ich in dieser Welt noch einen verträglichen Ort vor meiner Tür finde. Wie ich wenigstens das Lebensnotwendige erledigen kann. Fühle mich inzwischen völlig abgeschnitten vom normalen Leben.
Die Beduftung der Welt macht uns MCS-Betroffene zu Parias. Was die einen sich aus Spaß aufsprühen, schießt Hunderttausende andere ins soziale Aus.
Und dabei ist es irrelevant, ob es sich um synthetische Düfte handelt oder um ätherische Öle. Das verstehen selbst viele Heilpraktiker nicht, die Menschen “wie uns” als Patienten haben. Zum Heulen, aber die Realität.
Es gibt wirklich nichts, das heutzutage nicht künstlich aromatisiert ist! Während Chemikalien, z.B. Kleber, in manchen Produkten noch eine Funktion erfüllen, sind Duftstoffe völlig sinnfrei. Aber genauso giftig.
Über klebstoffschnüffelnde Menschen auf der Straße den Kopf schütteln, aber sich zuhause Duftstäbchen aufstellen. Jou..
Die wenigsten Gesunden machen sich bewußt, daß sie mit ihrem Lebensstil täglich mehrere Hundert Toxine ins sich aufnehmen. Irgendwann kippt bei Ihnen das System genau deshalb vielleicht auch um. Doch dann ist es zu spät und ihre Teilhabe am Leben wird sich wegen Unverständnis und Ignoranz der Umwelt auch um 99,9% reduzieren.
Bitte vergiß deshalb nicht: Deine Duftstoffe wirken auf Betroffene wie eine Waffe. Sie fügen langwierige Verletzungen zu und können auch töten.
Freunde besuchen?
Egal, wo ich mal hin möchte: ich muß mich vorher immer erkundigen, ob in den letzten 6-12 Monaten irgendwas gestrichen wurde, irgendein neues Möbelstück hinein kam, ein Boden frisch verlegt, ein neuer Teppich gekauft etc.
Und dann noch diese ganzen Duftstäbchen-Terror-Dinger, die allle heutzutage in ihren Wohnungen stehen haben. Uff..
So manch einer bekam sicher schon eine Erkältung, wenn ich wieder fort war, weil ich auch im tiefsten Winter bat, das Fenster zu öffnen. Sorry, liebe Freunde!
Da kann ich fast von Glück reden, daß ich wegen ME/CFS eh nirgendwo mehr hin komme und nur noch Besuche in meinem “toxikologischen Hochsicherheitstrakt” empfangen kann. *ironiemodusaus*
Öffentliche Verkehrsmittel benutzen?
Wenn ich in eine Bahn einsteige und durch die Reihen gehe, um einen Platz zu finden, zieht innerhalb von Sekunden ein Potpourri durch meine Nase: Parfum, Zigarettenrauch, Schweiß, Urin, Deo, Weichspüler, Käsefüße, Haarspray, ungewaschene Haare, Cannabis, wieder Parfum, Wurst, Schweiß, Gummibärchen, frisch gedruckte Zeitung.
Öffentliche Verkehrsmittel jagen uns in Sekunden mehrere Tausend Duft-Neurotoxine entgegen. Ich trage meistens schon Wattebäuschchen in der Nase plus eine fette MCS-Gesichtsmaske, was sehr quälend ist – Atemnot und all die doofen Blicke. Aber gegen die Gerüche, kommen selbst diese beiden Barrieren nicht ausreichend an.
In Hotels oder Airbnb-Wohnungen übernachten?
Mein größtes Glück war immer eine Übernachtung in einem wunderschönen Hotel. Das kann ich inzwischen gepflegt vergessen: ich muß vorher anrufen, ob wann und wie was erneuert wurde in den Zimmern. Möbel, Teppiche, Wandfarbe, Matratze. Spätestens dann halten sie mich für irre.
Ob man alle Fenster öffnen kann? Ob die Putzhilfe bitte während meines Aufenthaltes NICHT mehr kommen möge, damit alles, was ich bei Ankunft auslüfte nicht Tag für Tag wieder hinein getragen wird? Und nur mit MCS-Maske durch die Teppich-Gänge.
Schon vor 10 Jahren mußte ich bei der Hochzeit meines Cousins die Rezeption anflehen, vom wunderschönen, renovierten Hoteltrakt in ein altes, schrömeliges Zimmer zu wechseln. Und auf meinem Road Trip in Stockholm schröpfte mir eine teure Suite in zwei Nächten das Portemonnaie leer, weil ich vergessen hatte, vorher nach den Fenstern in dem eigentlich gebuchten Standard-Zimmer zu fragen.
Und alles, was mit für mich nicht verträglichen Duftstoffen gewaschen ist, müßte in einen meiner mitgebrachten Müllsäcke. Also im Prinzip entkerne ich dort das komplette Zimmer. Und dafür zahle ich dann noch. Super Deal so ein Leben mit MCS.
Airbnb ist meist etwas besser, weil die Leute selten so aggressiv putzen wie im Hotel. (Wenn sie überhaupt putzen.) Da reichte es oft, wenn ich die WC-Duftsteine, Zimmerduftstäbchen und Spülmaschinen-Deos in Tüten verstaute, bis ich wieder abreiste und mein eigenes Bettzeug hin warf. Und natürlich dauerlüften, egal ob minus 20 Grad oder plus 30.
Etwas einkaufen im Warenhaus? Kleiderladen? Schuhladen? Multimedia-Geschäft?
Völlig utopisch!
Mehrere Tausend Chemikalien auf einem Haufen. Die Einrichtung, die Böden, die künstliche Beduftung der Geschäfte, gefärbtes Leder an Schuhen, Handtaschen, Gürteln, gefärbte Kleidung, imprägnierte Kleidung, Gummimaterialien, Plastik, stinkende Rolltreppenhandläufe, parfümierte Produkte. Warmgelaufene Bildschirme, die Zeugs ausdünsten. Computer. Kassen. Plastikdecken. Plastikböden. Kleber. Furniere. Abluftrohre.
Wenn ich mal sterben möchte und zwar richtig qualvoll, dann lasse ich mich einfach abends in einem Kaufhaus einschließen.
Geschäfte wie Hollister und Co. die das auf die Spitze treiben, so daß man schon drei Straßen weiter umkippt, würde ich am Liebsten anzeigen wegen Körperverletzung. Aber da ich es seit Jahren sowieso nicht mehr in Innenstädte schaffe, ist dies auch schon irrelevant.
Dummerweise spielt die Größe eines Produkts gar keine Rolle, wenn es das “richtige” Material ist. Dieses nur 10cm lange Gummi-Plättchen fiel unbemerkt aus dem Karton einer Bestellung hinter meinen Papierkorb. Tagelang bemerkte ich am Schreibtisch eine zusätzliche Triggerung, aber fand die Ursache nicht. Erst beim Bodenwischen fiel der Übeltäter auf: seitdem bin ich wieder auf “normal schlecht”.
Zeitungen und Zeitschriften lesen?
Meine geliebte Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung mußte immer erst einen Tag auf dem Balkon ausdünsten. Anders war der Farbgeruch für mich nicht tragbar. Bei vielen anderen Druckerzeugnissen ergeht es mir ebenso. Inzwischen lese ich deswegen alles nur noch online.
Eine Haushaltshilfe oder einen Handwerker beschäftigen?
Eine Haushaltshilfe zu finden scheitert an dem Streß, jemanden in die Wohnung zu lassen, der womöglich Zigarettenrauch in der Kleidung mit hinein trägt oder Parfums oder sonstige Gerüche. Freunde nehme ja Rücksicht, aber von einer Putzhilfe kann ich schlecht erwarten, daß sie sich für wenige Stunden im Monat komplett entduftet.
Das Gleiche gilt für einen Handwerker. Wenn mir nicht gerade die Hausverwaltung jemanden zwangsweise in die Wohnung schickt, repariere ich alles selber. Wenn ich denn mal Kraft für solche Spirenzchen habe..
Ein Auto kaufen oder mieten?
Gebraucht eine Blackbox. Neu eine Box, die garantiert mehrere Hundert toxische Dämpfe enthält. Wer Neuwagengeruch liebt, ist entweder strunzdumm oder läßt sich auch heimlich knebeln und auspeitschen.
Ich habe rund zwei Jahre und unfaßbar viele neutralisierende Materialien benötigt, bis ich mein Auto nicht mehr nur mit vier offenen Fenstern fahren konnte, ohne zusammenzuklappen. Mein Hals war meistens so steif, daß ich für Viagra hätte werben können. Wenn die Sonne scheint und sich der Wagen erwärmt, bin ich heute auch wieder auf Ground Zero.
Mietwagen werden meist geleast und nach einigen Monaten an den Hersteller zurück gegeben. Heißt: die wenigsten Mietwagen sind älter als einige Monate. Eine Katastrophe für MCS-Kranke!
Auf Mallorca endete ich mal in einem kleinen Laster, weil es das einzige ältere Fahrzeug war, das sie mir anbieten konnten, nachdem ich drei testgeschnuppert hatte.
Ein Auto tanken?
Nur mit Handschuhen, die danach sofort dort im Müll landen und nach Möglichkeit mit Maske. Oder ohne zu atmen schnell den Stutzen hinin stecken, drei Schritte weg, flach durch den Mund atmen, mit Luftanhalten Stutzen rein und schnell zur Kasse.
Ein Café, Restaurant, Kino, Stadtpark, öffentlichen Platz besuchen?
Innen gilt, was auch für Besuche bei Freunden und in Hotels gilt. Hinzu kommen andere Menschen. Und die sind beduftet. Oder rauchen wie ein Schlot. Oder haben geraucht wie ein Schlot. Oder grillen los. Oder blasen neben Dir ein Gummiboot auf, das Chemie verpestet. Oder sie cremen sich mit Sonnenmilch ein. Oder oder oder..
In den kostbaren Augenblicken, in denen mir meine ME/CFS überhaupt die Kraft läßt, mal zwei Stunden aus der Wohnung zu gehen, überlege ich mir sehr genau, wo ich mich aufhalte. Und wenn ich dann endlich eine Bank in einem Park gefunden habe, die weit weg steht von anderen Bänken und Grillschwaden, kommt garantiert eine Dame im Maiglöckchen-Puder-Parfum-Nebel und pflanzt sich neben mich. Deshalb findet man mich bevorzugt bei Regen oder Schneesturm außer Haus.
Fazit: die Welt ist für MCS-Patienten ein einziger Trigger!
Schlimmer als alle Kontaktallergien oder Pollenprobleme. Oder ein fehlender Arm. Auf den kann man sich einstellen. Und sich überall aufhalten, wo man möchte. Mit MCS geht das nicht. MCS ist ganzjährig und überall bedrohlich. Und Du mußt nonstop jonglieren, wie Du mit möglichst geringen Vergiftungserscheinungen wenigstens Rudimente des Lebens erledigst.
Selbst zuhause verstecken klappt nicht. Weil der wichtigste Ort Deines Lebens meistens auch an allen Ecken ausgast. Oder Nachbarn sich für Dich schädlich verhalten. Über das Wohnen mit MCS schreibe ich in diesem Text. Denn Gebäude aus Luft und Liebe gibt es leider noch nicht. Und wenn: wer weiß, wie Liebe so duftet.