KFKFMNMI = Kochen für Kochfeinde mit Nahrungsmittelintoleranzen.
So könnte eine Serie heißen, die in meiner Küche spielt.
Ich halte mich nämlich höchst ungern in der Küche auf.
Zumindest zum Kochen.
Seit rund 15 Jahren betreibe ich das ungeliebte Tagewerk nur noch mit Rohwaren, was den Aufwand nicht unerheblich in die Höhe getrieben hat. Ich stehe auf Du und Du mit jedem Gemüse und Getreide, das jemals nach Deutschland importiert wurde.
“Rot oder Weiß?”, fragt mich Bauer Heinrich jedes Jahr, wenn ich mein Tannenbäumchen in seiner Gärtnerei erwerbe.
“Rot”, antworte ich traditionell und schultere zum Bäumchen den geschenkten Rotkohl. Dann liegt er auf meinem Balkon und langweilt sich zu Tode.
Tagein, tagaus sehe ich ihn und erinnere mich seufzend, ihn auch noch erledigen zu müssen. Sobald eine schlaflose Nacht auf entsprechende Grundmotivation trifft, ist er fällig.
Dann wandere ich in die Küche, hebe mein schwerstes Kochmesser voodooartig über den Kopf und steche mit voller Wucht zu. Tschnark, macht der Rotkohl und plumps in zwei Hälften auseinander.
Und so wird er zu einem klatschig-leckeren Gemüse:
Gemüseschrappgerät anschließen, Rotkohl hineinstopfen, Gerät würgen hören und sich ärgern, daß unten kein Geschnetzel herauskommt.
Gerät auseinanderbauen, Stau entfernen, Rotkohl anders schneiden, wieder hineinstopfen und beobachten, wie dasselbe passiert.
Gerät auseinanderbauen, Stau entfernen, Rotkohl auf ein großes Schneidebrett legen und wie eine Furie mit dem Küchenmesser darauf herumhacken.
Halben Rotkohl vom Boden aufsammeln.
Öl erhitzen, Rotkohl hineingeben und feststellen, daß der Häkselberg nicht hineinpaßt.
Zweiten Topf aufstellen, Öl erhitzen, Rotkohlberg dort abtragen.
Zwei Äpfel ebenfalls in Stücke schnippel und mitschmoren.
Schalotten schälen und schauen, daß beim Herunterzupfen der hartnäckigen Schale überhaupt noch Schalotte übrigbleibt.
Nelken hineinpfriemeln und ebenfalls in die Töpfe werfen.
Je ein Lorbeerblatt hinterhersegeln lassen.
Zwei Eßlöffel Johannisbeerfruchtaufstrich zu dem Gedöns geben und gut umrühren.
Sehen, wie sich die weiße Küchenarbeitsplatte lila-blau verfärbt hat.
Wie verrückt mit dem Microfasertuch auf der Platte herumwischen.
Natürlich nicht alles abbekommen.
Zufällig auf den Boden schauen und feststellen, daß die schöne Küchenmatte aussieht wie ein Rotkohl-Dalmatiner.
Auf die Knie sinken und drei Stunden Flecken rausreiben.
Brandgeruch riechen und lernen, daß Umrühren beim Anschmoren nicht schadet.
Apfelsaft aufgießen.
Sich fragen, wie man auf die Idee kommen konnte, um 4 Uhr morgens Rotkohl zu kochen.
Keine Antwort finden.
Den schneeweißen Küchenvorhang aufziehen und feststellen, daß unter einem Fingernagel noch etwas Rotkohl hing.
Das Ding abnehmen, um es im Bad auszuwaschen und unterwegs damit noch Kohlreste vom Boden abschleifen.
Sich nochmal fragen, wie man auf die Idee kommen konnte, um 4 Uhr morgens Rotkohl zu kochen.
Erst recht keine Antwort finden.
Den Vorhang Vorhang sein lassen, mit panischem Blick auf Hände, Kleidung und andere Körperteile auf das reinweiße Sofa sinken und den kochenden Kohl langsam vergessen.
Eine Folge “Sex and the City” schauen.
Denken, daß es weitaus spannendere Tätigkeiten gibt, als kochen.
Eindämmern.
Von Arbeit als Großküchensklavin träumen, aufschrecken und überlegen, daß Kohlmief nicht zu schneeweißer Einrichtung paßt.
Kohlmief ist Eiche rustikal.
In die Küche schleppen, das Gedöns umrühren, probieren und erstaunt feststellen, daß es eßbar ist.
Stolz wie Bolle wieder ins Bett legen.
Drei Tage lüften.
Genießen.
Und darauf hoffen, bald wieder von einem Hobbykoch eingeladen zu werden.