Mein Sex-GAU und was “50 Shades of Grey” damit zu schaffen hat

Es gibt unzählbare Gründe, fassungslos vor dem “50 Shades of Grey”-Hype zu stehen.

Vor allem frage ich mich, in welchem Bunker Millionen Leserinnen die letzten zehn Jahre verbracht haben, um das BDSM-Thema neu zu finden.

Einer meiner Haupt-Anti-Gründe ist ganz persönlich und ein klein wenig peinlich.
Aber wir sind hier ja unter uns.

Da gab es also den Bewerber für den Posten als Gelegenheitsliebhaber.
Lang ist’s her, aber immer noch für einen Lacher meiner Freundinnen gut.
Wer den Schaden hat..

Der Kandidat erwies sich beim Google-Pre-Check als Geschäftsführer eines Unternehmens mit 2000 Mitarbeitern und trat auch so auf.
Nun gehöre ich nicht zu der Damenfraktion, die sich deswegen gleich in die Unterlippe beißt, aber maskulin war er schon.
Was dem Zweck des Gesprächs recht dienlich war.

Irgendwann befand ich, wenn ich dieses Restaurant in meinem Leben nochmal besuchen will, wäre es besser, wir verlegen unser Gespräch jetzt an einen anderen Ort.
Und so landeten wir bei mir.

Der Beginn war filmreif.
Der Fortgang auch.
Nur änderte sich zwischenzeitlich das Genre.

Oh, dachte ich, und schaute auf sein Sexualfunktionszentrum.
Das artet in Arbeit aus.

Gottergeben wollte ich mich ans Werk machen.
Man nimmt das als Frau ja doch etwas persönlich.

Ne, sagte er, das lohnt sich nicht.
Wie jetzt???!
Ne, da tut sich nichts mehr. Schon seit Jahren.

Sagt der einfach so!

Nun bin ich ja gut erzogen.
Und in der Lage, einen neutralen Gesichtsausdruck auch unter Extrembedingungen zu wahren.
Das war sein Glück.

Innerlich zeterte ich herum.
Ich nehme doch auch keine Stelle als Wurstbudenverkäuferin an und sag dann: Nö, also Stehen kann ich nicht.
Aber ich könnte Ihnen anderweitig zur Hand gehen.

Guter Mann, anderweitig zur Hand gehen, kann ich selber.
Nur besser.

Warum hatte ich nicht einfach einen ruhigen Fernsehabend eingeplant?

Nun lag ich hier in der erektionsfreien Zone.
Und konnte nicht mal nach Hause gehen.
Ich war zuhause.

Während ich überlegte, wie ich das jetzt höflich beende, rückte er mit seinen eigentlichen Freuden raus.
Und die beinhalteten an neuralgischen Punkten die Vokalen “dominant” und “devot”.

Nun bin ich ungefähr so devot wie Putin.
Umgekehrt erotisieren mich winselnde Männer auch nicht gerade.
Ich bevorzuge beim Sex ein ausgeglichenes Kräfteverhältnis – mental.

Wo ich aber schon mal hier herumlag und der Abend eh für den Eimer war, beschloß ich, das Beste daraus zu machen und es als kleinen Selbsterfahrungstrip zu verbuchen.
Vielleicht lernte ich ja neue Seiten an mir kennen.

Ich erkundigte mich, in welcher Rolle er sich denn dabei sah.
In der dominanten natürlich.
Ich blickte auf seine verstorbene Körpermitte und fand das gar nicht so natürlich.

Stell Dir vor, begann er, und bat mich, die Augen zu schließen.
Was mir die Aussichten auf einen Erfolg der Geschichte zu verdoppeln schien.
Von 0,00002% auf 0,00004%.

Stell Dir vor, Du bist eine Sklavin im alten Rom.
Ich muß morgen unbedingt noch Hortensiendünger für den Balkon kaufen. Die sehen so schlapp aus.
Und Du stehst mit anderen Sklavinnen auf dem Dorfplatz.
Rom war auch in der Antike kein Dorf. Ach, damals.. war das schön im Studium!
Du stehst dort angekettet an einen Pfahl.
Jetzt liege ich hier mit meinem Master-Abschluß in Geschichte und muß mir so einen Unsinn anhören.

Ich blieb tapfer und schwieg weiter.
Ungefähr noch vier historisch nicht haltbare Sätze lang.
Dann war mir endgütlig klar, daß in mir ums Verrecken kein Hang zum Rollenspiel schlummert.

Ich kann auch nicht meditieren.
Oder Geschichten erfinden.
Ich bin der Typ für harte Fakten.

Und so ersparte ich mir meinen Werdegang als Sklavin und beendete das kleine Intermezzo mit einer ausgesucht höflichen Verabschiedung.

Glücklicherweise entdeckte ich kurze Zeit später jemanden, mit dem ich diese Erfahrung hervorragend neutralisieren konnte.
Und so vergaß ich den Abend wieder.

Bis dieses “50 Shades”-Gedöns aufkam.
Seitdem erinnert mich jedes Bild und jeder Text, den ich zufällig davon sehe, an diese Situation.

Zur Zeit also rund 50x täglich.
Ich hoffe, der Hype flaut schnell ab.