Beim Sichten fiel mir auf, daß „Papp auf Reisen“ irgendwann im Verlinkungsorbit verschwunden sein mußte. Hier nochmal für Euch der Text aus dem Jahr 2008:
Es gibt Nahrungsmittel, die selbst Amerikaner nicht verkünstlichen können.
Dachte ich.
Zum Frühstück esse ich meistens Papp.
Auf Koch-Deutsch: Nehmen Sie eine Handvoll kernige Haferflocken und übergießen diese mit heißem Wasser. Lassen Sie das Gemisch zehn Minuten ziehen.
Dann sieht es aus wie Papp, hat die Konsistenz von Papp und schmeckt wie Papp.
Ich könnte auch Brot mit Irgendwas essen.
Aber da ist mein Leber Qi.
Das fließt nicht so, wie es soll, sagt der chinesische Arzt meines Vertrauens.
Ich soll morgens was Warmes essen.
Das wäre auch gut gegen die Migräne.
Wenn es gegen Migräne hülfe, würde ich auch Nägel futtern.
So kam ich auf die zähbeige Masse.
Millionen Engländer können nicht irren.
Mein Patenkind ißt seit kurzem dasselbe,
Für ihn ist das ein Fortschritt.
Bei mir bin ich mir nicht so sicher.
Meine letztes Reiseziel war Chicago.
Eine Weiterreise nach Guantanamo hatte ich nicht vorgesehen.
Deshalb ließ ich meine Haferflocken zuhause.
Natürlich erzeugte Produkte sind bei US-Zöllnern ähnlich beliebt wie Crack.
Mein erster Weg führte somit in einen Supermarkt.
Eine Dame, die aussah wie Morgan Spurlock, wenn er seinen McDonalds-Selbstversuch nicht abgebrochen hätte, stürzte auf mich zu.
Nachdem wir das übliche „Hi, how are you“-Gekreische absolviert hatten, trug ich mein Anliegen vor.
Gibt es in den USA Haferflocken ohne alles?
„I’m looking for oats.“
„We don’t have.“
„No? I mean oats for breakfast.“
„Ah, oat meal.“
„No meal. Just oats.“
Mir war noch nicht bekannt, daß just oats just Hafer ist. Flocken sind gleich meal.
Just gibt es in den USA ja normalerweise nichts.
Mich wundert, daß die überhaupt just apples verkaufen.
Vermutlich ist noch niemandem eine Adaption eingefallen.
Ich stiefelte hinter der Gazelle her.
„Here. Oat meals.“
Vor mir türmte sich eine Wand aus 10.000 Packungen auf.
Eigentlich wollte ich hier nicht den Tag verbringen.
Es gab den Papp mit Apfel.
Mit Zimt.
Mit Apfel und Zimt.
Mit Apfel und Zimt, aber ohne Zucker.
Mit Apfel und Zimt ohne Zucker plus Vitamine.
Das Ganze in sechzig weiteren Geschmacksrichtungen
Dann als normal, instant und express.
Ob man das schneller essen muß?
Sogar Oat meal to go.
Das nenn ich Eßkultur!
Hilfesuchend blickte ich zu Seite.
Die Dame war schon in den Gangschluchten davongerollt.
Von einer Serie lächelte ein Typ, der aussah wie ein aufgedunsener Lincoln.
„Quaker Oats“.
Das klang vertrauenserweckend.
Jetzt nur noch eine nackige Variante finden.
Und siehe da: keine zehn Packungen durchgelesen, schon hatte ich die Sorte ohne alles.
„Ingredient: 100% Natural Whole Grain Quaker Quality Rolled Oats.“
In Deutschland steht da: „Haferflocken“.
Mr. Quaker und ich verliessen den Superstore.
Bevor ich ihn vernaschte, lernte ich noch einiges.
Z.B. über das amerikanische Bildungssystem.
Die Dose erklärte nämlich, daß ½ Tasse 1 Serving ergibt und 1 Tasse dann 2.
Wer hätte das gedacht.
Zu guter Letzt gratulierte mir die Dose zu meiner guten Wahl.
Das hört man gerne.
Ein Papp, der mitdenkt.
Nachtrag 2015:
Inzwischen könnte ich wegen der 23 Milliarden Unverträglichkeiten auch gar kein normales Frühstück mehr essen, ohne danach den Bach runterzugehen.
Ich war meiner Zeit also voraus.
Die puren Haferflocken heißen inzwischen “Quaker Oats Old Fashioned”.
Das muß ich jetzt erst mal sacken lassen.